Interview mit Günter Hagedorn, animago-Jury-Chef und -Organisator
Günter Hagedorn arbeitet seit vielen Jahren als freiberuflicher Grafikdesigner und Programmierer in Hamburg, seit 2004 beschäftigt er sich ausgiebig mit dem Thema Fotografie. Seit dem ersten animago 1997 begleitet er die Veranstaltung und ist aktuell Mit-Organisator und Jury-Vorsitzender.
Wie kam der animago in dein Leben?
Ich war viele Jahre für die Distribution einer 3D-Software namens „Real3D“ aus Finnland in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig, als Gabi und Heiko Knappe das erste Mal mit mir in Kontakt traten. Damals schrieben sie noch für eine andere Zeitschrift und wollten die Software in einem Artikel vorstellen. Sehr sympathische, offene Menschen mit viel Engagement und Neugier. Nicht mal ein Jahr später trafen wir uns in einem japanischen Restaurant in Hamburg wieder, wo sie mir von ihren Plänen zur eigenen Zeitschrift erzählten, der Digital Production. Es war eine aufregende Zeit vor 20 Jahren, denn in der lebhaften Branche kamen täglich neue Innovationen hinzu und es gab im Vergleich zu heute viel mehr Mitbewerber, die um die Gunst der Kunden buhlten. Im 3D-Segment existierten viele konkurrierende Produkte, die es heute zum Teil gar nicht mehr oder nur noch unter einem neuen Namen oder Inhaber gibt. Eine 3D-Szene war zwar schon vorhanden, aber noch in der Entstehung. Durch die journalistische Tätigkeit der Familie Knappe waren bereits entsprechende Kontakte zur Industrie vorhanden und bei einem Treffen zum Thema „3D-Kultur in Deutschland“ mit der damals führenden Firmen Kinetix, Intergraph und SGI entstand die Idee zu einem Wettbewerb – dem damals zunächst nur auf 3D fokussierten „animago 3D Award“. Da zu diesem Zeitpunkt die DP-Zeitschrift noch gar nicht im Markt war, wurden die Kreativen über die Hersteller auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht.
Wie liefen die ersten animago AWARDs für dich?
676 Beiträge wurden beim ersten animago eingereicht – damals alle auf mit Nadeldruckern ausgedruckten und handschriftlich ausgefüllten Formularen. Die Filme kamen auf Videokassetten und Beta-Bändern, die Stills auf Disketten oder sogar als Ausdrucke. Ich schrieb damals eine Datenbank und half bei der Erfassung der Beiträge sowie dem Digitalisieren und der anschließenden Sichtung. Bis 2002, wo die DP und der animago vom Verlag Reed Business übernommen wurde, wohnte ich jedes Jahr vier bis fünf Wochen quasi als zusätzliches Mitglied der Familie Knappe in München und stand mit dem animago auf und ging mit ihm schlafen.
An welches besondere Highlight kannst du dich aus 20 Jahren animago AWARD erinnern?
Eines rauspicken ist nicht einfach. Jedes animago-Jahr ist aufgrund der jeweils eingesandten Beiträge anders. Aber es ist jedes Jahr eine besondere Freude, wenn die Preisträger vor Freunde ausflippen, wenn sie „ihren“ animago in den Händen halten. Darüber hinaus machen die vielen Kontakte zu den Kreativen, die den animago zu dem machen, was er ist, für mich einen Großteil der Attraktivität meiner Arbeit aus. Man erfährt viel über die Menschen hinter den tollen Bildern, deren Motivation und Geschichte. Der eine oder andere ist jedes Jahr aufs Neue dabei und bei der Verleihung der Preise habe ich auch viele persönlich kennengelernt. Aber auch durch die Arbeit mit der immer wechselnden Jury, den Kreativen, mit denen ich an den jährlichen Trailern arbeite, wie auch dem Team der Digital Production haben sich andauernde Freundschaften ergeben, die ich nicht missen möchte.
Welche eingereichten Beiträge in der Geschichte des animagos haben dich beeindruckt, warum?
Oh… das ist eine schwere Frage – da könnte ich problemlos 40 oder 50 Filme aufzählen. Es gibt tatsächlich einige Filme, die ich auch heute noch immer mal wieder gern anschaue. „Annie & Boo“ von Johannes Weiland (2004) zum Beispiel – ich bin halt ein verkorkster Romantiker. Natürlich bleiben einem vor allem die lustigen Filme im Gedächtnis wie „Mobile“ von Verena Fels (2010) oder „The Chase“ von Space Patrol (2012). Und der eine oder andere Satz aus Filmen geht sogar in den täglichen Wortschatz über: „Immer zweimal mehr als Du“… aus einem der „Tassen“-Filme von Fiftyeight aus Frankfurt. Optisch hauen mich vor allem die Game-Trailer jedes Jahr aufs Neue aus den Socken: „Mass Effect 3“, die „Assassin‘s Creed“-Serie oder „Watch Dogs“ von Digic Pictures, Ungarn, markieren für mich Meilensteile in der Computeranimation. Gerade aus dem Osten kommen gefühlt die bildgewaltigsten Filme: Als Platige Image mit „The Cathedral“ im Jahr 2002 seinen Einstieg beim animago hatte, war ich sofort ein Fan des Studios. Ich bin aber auch ein Freund der ganz leisen Töne, in diesem Bereich kommen aus Frankreich jedes Jahr unfassbar kreative Werke. Die Studenten dort scheinen in anderen Welten zu leben. „Les Liens de Sang“ von Studenten der Ecole Georges Meliès (2015) oder „Silhouettes“ von Studenten der Supinfocom Valenciennes (2007) sind nur zwei Beispiele hierfür. Nicht vergessen möchte ich aber auch die tollen Stills, die uns jedes Jahr erreichen. Wie viel Kraft in einem einzelnen Bild stecken kann, weiß ich als Fotograf selbst gut genug, aber die Arbeit an einem Still ist vergleichsweise umso vieles aufwendiger – muss der Künstler doch alle Formen und Farben selbst erschaffen.
Was wünschst du dir für den animago zukünftig?
Dass noch mehr Kreative beim animago mitmachen, denn die animago-Welt lebt von ihrer Vielseitigkeit. Da wir jedes Jahr Beiträge aus über 60 Ländern bekommen, ist es schon eine Art Völkerverständigung und Zusammenführung von Kunst, die wir beim animago erleben. Auch hoffe ich, dass noch mehr Menschen am animago teilhaben können – als Besucher vor Ort und vielleicht sogar mal irgendwann als Fernsehzuschauer – und so die tollen Beiträge sehen, die auch mich so begeistern. Schon deshalb wünsche ich auch mir selbst, noch lange Teil des animago AWARD sein zu dürfen.