Bestes Still 2016: „52 Hz“ im Making-of
2014 verfehlte 3D-Artist Cornelius Dämmrich aus Deutschland den Still-Sieg mit „Haze“ nur knapp, mit „52Hz“ hat es 2016 schließlich geklappt. Der an einer Telefonzelle schwebende Astronaut im feuchten Nacht-Environment entstand mit Cinema 4D, Fusion 360, Marvelous Designer und der neu in Dämmrichs Workflow integrierten Render Engine Octane – sowie vielen Referenzen und Inspirationsquellen.
Vernebelte Tankstellen und Bilder von Fotograf Todd Hido stapeln sich sowieso in dem Pinterest-Account von Cornelius Dämmrich. Außerdem plante der Artist schon seit längerem, seine persönliche Pipeline von V-Ray auf Octane umzustellen – und da in der Octane-3.0-Roadmap Fog ein großes Thema ist, dachte sich der 3D-Künstler: Das ist ein guter Anlass für ein „Parkplatz im Nebel“-Motiv. Nachdem der Entschluss für das Motiv grob stand, startete Dämmrich Ende 2015 – in einer Winterpause von seiner Freelancer-Tätigkeit – in das Projekt. Es dauerte vier Monate, bis es fertig war.
Unverstandener Wal
Der Titel „52Hz“ ist inspiriert von einem Wal, der in der für diese Säugetiergattung ungewöhnlich hohen Frequenz von 52 Hertz singt – in der seine Artgenossen jedoch nicht kommunizieren, sodass er auch „der einsamste Wal der Welt“ genannt wird.
Für den Astronauten-Charakter bot insbesondere das ikonische Bild „6th Avenue“ von Jack Crossing, das einen brennenden Astronauten beim Überqueren der Straße zeigt, eine optimale Referenz. Darüber hinaus studierte Dämmrich für die passende Bildstimmung eine Fotoserie von Todd Hido mit Häusern im Nebel. Ursprünglich sollte der Astronaut in „52Hz“ gar nicht schweben, sondern neben der Telefonzelle stehen – was aber nicht gut aussah. Künstler Jeremy Geddes entwickelte eine ganze Gemälde-Serien mit schwebenden Astronauten, die der 3D-Artist als Referenz nutzte.
Bildkomposition & Modeling
Die Hauptaufgabe von Cinema 4D bestand darin, alle Elemente zusammenzubringen. Die zahlreichen Assets sortierte der Artist über den Objekt-Manager und unterteilte sie für mehr Übersichtlichkeit in Gruppen. Da Subdivision Surface Modeling (SDS) für das Bild zu lange gedauert hätte, entschied Dämmrich, den Modeling-Prozess in dem Autodesk-CAD-Tool Fusion 360 umzusetzen. So musste nicht auf Topologie geachtet werden, die Flächen zwischen den Vektoren ließen sich „on the fly“ darstellen und es konnten sehr komplexe Formen realisiert werden.
Für „52Hz“ wurde jedes Asset zunächst grob mit simplen, untexturierten Grundformen vorgeblockt. Manche Assets, wie beispielsweise die Außenhülle der Telefonzelle, sind wie üblich im SDS-Modeling entstanden – in diesen Fällen wurde die vorgeblockte Geometrie einfach als Basis innerhalb von Cinema 4D verwendet. Kam Fusion 360 zum Einsatz, kopierte der Artist die vorgeblockten Vorlagen in eine neue Datei, richtete sie möglichst symmetrisch aus und exportierte sie als .obj, um sie in Fusion öffnen zu können.
Der Astronaut besteht aus einem vorgefertigten, geriggten Character aus den Marvelous-Designer-Presets; das gab dem Artist mehr Zeit und mehr Flexibilität, was die Astronauten-Pose anging. Auch die Plastiktüten und Müllsäcke stammen aus dem Clothing-Tool.
Viel Dreck & Gekritzel
Für die verwitterten Oberflächen der Objekte kam in den meisten Materialien ein Dirt Shader zum Einsatz. Das Innere der Telefonzelle ist – wie in der Realität auch üblich – voller Kritzeleien, teilweise obszöner Natur. Dafür nahm der Artist ein UV-Unwrap von der inneren Ummantelung der Telefonzelle vor, welches er anschließend in Photoshop mithilfe eines Wacom-Tablets vollschrieb. Danach wurde die Gekritzel-Textur mit einer Alpha-Map über die Telefonzellen-Textur gelegt und noch durch abgeriebene Aufkleber von Textures.com ergänzt.
Rendering
Durch den Octane Live Viewer ergab sich während der Arbeit konstantes, in Echtzeit gerendertes Feedback der gesamten Szene. Der Nebel wurde nicht in der Post hinzugefügt, sondern als Pass gerendert, der nur für den Octane Live Viewer ausgeschaltet wurde. Ein HDRI für die Beleuchtung tauschte der Artist im Verlauf des Prozesses durch eine einfache, einfarbige Hintergrundbeleuchtung aus und anstelle eines unendlichen Mediums für den Nebel wurde ein mit Nebel gefüllter Würfel um die Szene gelegt.
„52Hz“ ist der offizielle Log-in-Screen von Octane 3.0 und um einen animago AWARD reicher. Cornelius Dämmrich sitzt derzeit an einem neuen Projekt, das vom Umfang her das größte sein wird, was er jemals gemacht hat.
(Mirja Fürst)
Die zwei weiteren Nominierten in der Kategorie „Bestes Still“ waren im Jahr 2016:
Halloween Pub Crawl
Artist: Michael Fedichkin – Country: Ukraine – Software: 3ds Max, Corona
The Experiment
Artist: Manuel Peter – Country: Germany – Software: Blender, Marvelous Designer
NEC sponsert auch in diesem Jahr wieder die Kategorie „Bestes Still“. Mehr dazu hier.